World wide running by Enrico

Rückblick: Ein grandioses Jahr in den USA

Am 08.08.2017 begann für mich das Abenteuer Washington DC. Ich durfte berufsbedingt knapp ein Jahr in der Hauptstadt der USA verbringen. In diesem Rückblick erzähle ich euch etwas über meine sportlichen Erfahrungen und Erlebnisse auf der anderen Seite des Atlantiks.

Ankunft und erster Eindruck

Vor meiner Einreise in die USA lag eine gut vierwöchige, verletzungsbedingte Laufpause hinter mir. Ich hielt mich nur mit einigen kurzen Radeinheiten fit, war aber auch mit der Vorbereitung der Ausreise beschäftigt. Da die Verletzung ausgeheilt war, freute ich mich schon bald nach Ankunft in Washington darauf, endlich wieder ins Lauftraining einzusteigen.

Erfreulich war, dass meine Unterkunft etwas außerhalb des Stadtzentrums lag. Vom Haus (zwischen Palisades und Foxhall Crescent) war es nur ca. 1km bis zum Chesapeak and Ohio Canal, der mit seinem dazugehörigen Towpath den idealen Einstieg auf verschiedene Laufrouten bot.

Der Einstieg war erwartungsgemäß zäh, 4 Wochen Pause machten sich dann doch stark bemerkbar. So begann ich mit langsamen und flachen Läufen über 10 km entlang des Kanals. Zunächst war das eine Qual und echt frustrierend. Allerdings stellte sich nach knapp drei Wochen endlich Besserung ein und ich konnte die Distanzen und das Tempo etwas erhöhen. Dadurch war es mir möglich, die Strecken zu variieren. Das führte dann auch zu Läufen über die Washington Mall und nach Arlington (Virginia).

Navy Air Force Half

Nachdem das Training stetig besser wurde, stand am 17.09.2017 mit dem Navy Air Force Half der erste Wettkampf an. Wie der Name vermuten lässt, handelte es sich um einen Halbmarathon und dieser verlief relativ flach um die Mall und den West/East Potomac Park in Washington DC. Ein toller Lauf und einer der größeren Veranstaltungen in der Stadt. Mit einer Zeit von ca. 01:21h war ich zwar weit von Bestleistungen entfernt, aber dennoch sehr zufrieden in Anbetracht des bisherigen Jahresverlaufs 2017.

Im Laufe der Zeit folgten über 30 weitere Veranstaltungen, an denen ich teilnahm. Eine Auflistung aller Wettkämpfe findet ihr am Ende des Artikels, ich will an dieser Stelle nur über ein paar besondere berichten. Ausführliche Berichte zu den meisten Events findet ihr zudem unter den Links der einzelnen Veranstaltungen.

Boo! Run for Life 10k

Am 01.10.2017 fand der Boo! Run for Life 10k am West & East Potomac Park in Washington DC statt.  Obwohl es sich dabei nur um einen 10km Lauf handelte war dieser für mich ein besonderer, da es der erste Wettkampf war, den ich während meines Aufenthaltes in den USA gewinnen konnte. Der flache Kurs verlief als Out & Back Kurs entlang der Halbinsel des East Potomac Parks. Fast die gesamte Strecke lief ich Kopf an Kopf mit einem weiteren Teilnehmer, dem ich ca. 1km vor dem Ziel an einem kurzem Anstieg ein paar Meter hinter mir lassen konnte. Diesen Vorsprung konnte ich dann auch ins Ziel retten und war super Happy über das Ergebnis.

Baltimore/MCM

Ein weiteres Highlight war das Wochenende um den 21./22.10.2017. Freunde aus Berlin hatten sich als Besuch in Washington angekündigt, um am Marine Corps Marathon (MCM) in Washington DC teilzunehmen. Kurz vor Reiseantritt schlugen sie vor, am Samstag zum „Einlaufen“ den Halbmarathon beim Baltimore Running Festival zu absolvieren. Da ich für solche Späße immer zu haben bin, war ich natürlich sofort von der Idee begeistert und dabei.

So führte die erste Fahrt vom Flughafen am Freitag direkt nach Baltimore, um uns vor Ort noch anzumelden und die Startunterlagen abzuholen. Am Samstag hieß es dann früh aufstehen, um die ca. einstündige Fahrt nach Baltimore zu absolvieren und pünktlich beim Start zu sein. Der Kurs des Halbmarathons hatte es durchaus in sich, zunächst ging es über die erste Hälfte stetig bergauf, bevor man dann einen See umrundete und zum Schluss hin auch wieder bergab laufen durfte. Insgesamt war es ein tolles Erlebnis, das Wetter war super, die Stimmung gut und der Kurs zum Teil auch sehenswert.

Leider konnten wir uns nicht allzu lang im Zielbereich aufhalten, da wir zurück nach Washington fahren mussten, um die Startunterlagen für den Marathon am Folgetag abzuholen. Da der Verkehr flüssig lief, schafften wir das ohne großen Stress rechtzeitig und hatten in Washington auch noch etwas Zeit für die Marathonmesse des MCM.

Am Sonntag ging es dann über die volle Distanz in Washington DC an den Start. Der MCM ist einer der größten Läufe in DC, regelmäßig ausgebucht und super organisiert. Leider spielt der Betreiber des öffentlichen Nahverkehrs nur bedingt mit und so ist die Anreise zum Start aus einigen Bereichen der Stadt eher kompliziert. Der Lauf an sich versöhnt aber wieder, die Strecke 2017 war toll gestaltet, führte an vielen Sehenswürdigkeiten (u.a. der kompletten Mall) vorbei und die Stimmung war überall großartig. Passend zum Titel wurden auch Verpflegungsstationen von Marines besetzt und am letzten Anstieg standen sie Spalier und beglückwünschten die Finisher. Daran erkennt man, wie groß der Stellenwert des Militärs in den USA ist.

Rock’n’Roll Marathon Las Vegas

Eigentlich war der RnR Las Vegas Marathon als eines der Highlights des Jahres geplant. Das Training bis dahin lief auch sehr gut, leider enttäuschte der Lauf aber auf ganzer Linie. Beworben wird die Veranstaltung mit dem Slogan „Run the Strip at night“. Klingt zunächst vielversprechend, mit tausenden anderen Läufern über den abgesperrten Las Vegas Blvd. zu laufen. Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit. Während die Teilnehmer des Halbmarathons tatsächlich nur über den Strip laufen und so die gesamte Zeit über die tolle Stimmung genießen können, biegen die Marathonstarter nach ca. 18km vom Strip ab und laufen 21km meist allein durch die dunkle Nacht. Dabei war der traurige Höhepunkt ein Parkplatz, auf dem man ca. 5km lang Schleifen lief, ohne ein Ende absehen zu können. Das war der schrecklichste Abschnitt, den ich jemals in einem Wettkampf gelaufen bin. Letztendliche ging es wieder auf den Strip, wo man die letzten Meter bis zum Ziel lief. Ich kann nur jeden davon abraten, in Las Vegas über die volle Distanz an den Start zu gehen, solang der Veranstalter an der Strecke nichts ändert.

Immerhin war die Reise insgesamt eine tolle Erfahrung, Las Vegas und die Umgebung sind sicherlich immer eine Reise wert.

Reggae Marathon

Im Dezember stand die Flucht aus der Kälte auf dem Programm. Es ging in die Karibik, genauer gesagt nach Jamaika zum Reggae Marathon in Negril. Jamaika war eines der schönsten Reiseziele, die ich bisher besucht habe. Es herrschten Temperaturen um die 30 Grad und selbst das Wasser hatte 28 Grad. Dazu gab es grandiosen Sandstrand und türkisblaues Wasser, einfach Traumhaft. Der Lauf an sich fand am Samstag statt, Start war bereits um 5:15 Uhr, um der größten Hitze zu entgehen. Die Strecke war ein einfacher out & back Kurs, der für den Marathon zweimal durchlaufen werden musste. Nach Sonnenaufgang wurde es dann auch schnell warm und es gab kaum Schatten. Das Ziel befand sich im Long Bay Beach Park, direkt am Strand. Hier gab es zur Abkühlung eine Eistonne, frisches Obst und Kokosnusswasser direkt aus frisch geernteten Kokosnüssen. Außerdem konnte man sich auch im Ozean erfrischen, wobei das bei den genannten Wassertemperaturen nicht viel brachte… Insgesamt ein großartiges Event, ich kann eine Teilnahme nur wärmstens empfehlen.

Boston Marathon 2018

Der Boston Marathon 2018 war eine ganz besondere Erfahrung. Ich bin ja bekanntlich ein Schönwetter Läufer und so stellt mich dieses Event vor eine echte Herausforderung.

Laut Vorhersage wurden für den Start zum Boston Marathon Temperaturen um den Gefrierpunkt und Höchstwerte um 7 Grad vorhergesagt. Das wäre zunächst noch verschmerzbar gewesen, allerdings kamen dazu noch monsunartige Regenfälle und starker Wind mit sturmartigen Böen. Als der Wecker klingelte bestätigte ein Blick aus dem Fenster, dass die Vorhersage wohl zutreffen würde, denn es regnete bereits in Strömen und auch die Kälte war schon zu spüren.

Schon allein der Weg zum Zielgelände (wo die Kleiderbeutelabgabe stattfand) genügte, um einmal komplett durchnässt und ausgekühlt zu sein. In Boston wird man von dort aus mit Schulbussen zum Startort Hopkinton gefahren. Das ist eigentlich immer ein tolles Schauspiel, wenn sich hunderte Busse zusammen auf den Weg machen. Leider waren viel Busse alt und undicht und so gab es auch auf der gut einstündigen Fahrt keine Möglichkeit, etwas warm zu werden.

Im Start Village hieß es dann, auf den Start zu warten. Es waren Zelte aufgestellt, die den Regen etwas abhielten und durch die Masse an Läufern in den Zelten fühlte es sich auch für einen kurzen Moment gar nicht so kalt an…

Dann ging es zur Startaufstellung und nach einigen Minuten im Regen erfolgte auch der Start und wir machten uns auf den Weg zurück nach Boston. Aufgrund der äußeren Bedingungen galt es letztendlich nur, das Ziel zu erreichen. Dies gelang mir glücklicherweise auch in relativ gutem Zustand und ich war froh, mich endlich umziehen zu können.

Selten habe ich mich so auf ein warmes Bad nach einem Marathon gefreut, wie nach diesem Lauf. Dieser Lauf wird vermutlich jedem Teilnehmer für immer im Gedächtnis bleiben.

Kona Marathon

Eines der letzten Highlights war der Kona Marathon auf Big Island Hawaii am 24.06.2018. Lange habe ich von einem Hawaii Besuch geträumt und nun wurde er endlich wahr.

Der Lauf fand auf Big Island im Waikaloa Beach Resort statt. Der Start erfolgte bereits um 05:30 Uhr, da es um diese Jahreszeit sehr warm werden kann. Die Temperaturen zum Start waren angenehm, stiegen aber nach Sonnenaufgang schnell an. Die Strecke, ein out & back Kurs, der für die volle Distanz 1,5x durchlaufen werden musste, führte teilweise an einem großen Highway entlang, der keinen Schatten bot. Hier spürte man auch den teils starken Wind besonders, der aufgrund der Streckencharakteristik aber glücklicherweise zum Teil auch als Rückenwind unterstützte. Dennoch waren die Abschnitte mit Gegenwind ziemlich harte Herausforderungen.

Insgesamt war auch der Kona Marathon ein tolles Event, welches ich gern weiterempfehlen kann. Für mich bleibt dieser Lauf zudem in besonderer Erinnerung, da es der erste Marathon war, den ich gewinnen konnte.

Weitere Events

Neben den oben erwähnten Läufen habe ich, wie erwähnt, an einer Vielzahl anderer Veranstaltungen teilgenommen. Hier eine Auflistung aller Veranstaltungen aus dem vergangenen Jahr, zum Teil mit Link zu meinem ausführlichen Bericht.

Wettkampfübersicht 08/2017 – 07/2018

17.09.2017Navy Air Force HalfHalbmarathon
24.09.2017Clarendon Run Day5k & 10k
01.10.2017Boo! Run for Life10k
1.10.2017Helltown HalfHalbmarathon
21.10.2017Baltimore Running FestivalHalbmarathon
22.10.2017Marine Corps MarathonMarathon
04.11.2017Hot Cider Hustle15k
05.11.2017Fidelity Investments Parks 10k10k
12.11.2017Rock'n'Roll Marathon Las VegasMarathon
19.11.2017AACR Philadelphia MarathonMarathon
23.11.2017Arlington Turkey Trot5k
02.12.2017Reggae Marathon NegrilMarathon
28.01.2018Miami MarathonMarathon
11.02.2018Los Cabos HalfmarathonHalbmarathon
18.02.2018George Washington Birthday MarathonMarathon
04.03.2018St. Pats Day Run5k & 10k
10.03.2018Rock'n'Roll Marathon DCMarathon
18.03.2018NYC HalfHalbmarathon
08.04.2018Cherry Blossom 10 Mile Run10 Meilen
16.04.2018Boston MarathonMarathon
22.04.2018Parkway Classics10 Meilen
06.05.2018BMO Vancouver MarathonMarathon
20.05.2018Capito Hill Classic10k
27.05.2018Alexandria Running FestivalHalbmarathon
22.06.2018Hugh Jascourt 4 Mile Run4 Meilen
24.06.2018Kona MarathonMarathon
29.07.2018San Francisco MarathonMarathon
6xParkrun5k

Sonstiges

Nach ein paar Wochen DC suchte ich nach Anschluss in der lokalen Laufszene. Nach einiger Recherche stieß ich auf den DC Road Runners Club. Dieser bot für einen geringen Jahresbeitrag tolle Leistungen, wie kostenlose Teilnahme an Veranstaltungen, die der Club ausrichtet, sowie auch viele Trainingseinheiten pro Woche. Highlight dabei war in der Regel der SLR (Saturday Long Run). Dabei wird jeden Samstag ein gemeinsamer langer Lauf gestartet, über vielfältige Streckenvarianten. Für mich war es eine tolle Möglichkeit, die neue Heimat kennenzulernen. Aber auch andere Trainings, wie Bahntrainings oder lockere Läufe standen mehrfach pro Woche auf dem Programm.

Ich fand es toll, wie nett die Mitglieder miteinander umgingen und auch Neuankömmlinge sofort integrierten. Ich kann eine Mitgliedschaft in diesem Club nur wärmstens empfehlen.

Um einen Ausgleich zum Laufen zu schaffen, habe ich mir kurz nach Ankunft in den USA ein MTB zugelegt. So konnte ich den Bewegungsradius erweitern und andere, tolle Regionen kennenlernen. Oft führten mich Touren zum Mt. Vernon (George Washingtons Wohnhaus) oder zum Lake Needwood. Außerdem unternahm ich immer wieder kleinere oder größere Ausfahrten entlang des C&O Canals und zu den Great Falls. Landschaftlich ist die Region super schön und bietet für aktive Menschen unglaublich viele Möglichkeiten.

Ich plante zunächst auch, an einem Triathlon teilzunehmen. Diesen Plan musste ich jedoch verwerfen, da ich zum einen kaum Zeit zum Schwimmen fand und zum anderen die Trainingsmöglichkeiten mit einem Rennrad nicht ideal waren.

Weiterhin bot die Region auch die Möglichkeit für vielfältige Wassersportaktivitäten auf dem Potomac. Dazu zählen allem voran Kajaking und SUP. Meist ist das Wasser ruhig und im Sommer gibt es kaum was schöneres, als sich einfach auf dem Wasser treiben zu lassen und das Getümmel am Ufer aus der Ferne zu betrachten.

Fazit

Ein Jahr USA liegt hinter mir und ich muss sagen, es war eine fantastische Zeit. Ich habe an vielen Läufen teilgenommen, tolle Leute kennengelernt und auch viele schöne Städte und Regionen gesehen. Ein besonderer Dank geht hier noch an den DC Road Runners Club, für die tolle Aufnahme und Integration in den Verein.

Eine weitere super Sache ist die Initiative Parkrun. Dieser habe ich vor kurzem einen eigenen Artikel gewidmet und ich hoffe sehr, dass sich das Modell auch in Deutschland weiter ausbreitet.

Hier noch ein paar weitere Impressionen:

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